Projekt JenErgieReal erreicht Meilenstein und startet in die weitere Umsetzung

Nov 11, 2025, 2:16:59 PM | Stadtwerke Jena Gruppe | Aktuelles, Pressemitteilungen | Energie- & Wärmewende | JenErgieReal

Das Forschungsprojekt JenErgieReal hat einen ersten Meilenstein erreicht: Im Modellquartier in Lobeda-Ost sind die ersten Mieter eingezogen. Der Wohnkomplex am Salvador-Allende-Platz wird derzeit von jenawohnen umfassend saniert. Dabei wird der DDR-Plattenbau vom Typ WBS 70 mit intelligenten Komponenten zur Wärmeversorgung, Warmwasserbereitstellung und Stromerzeugung ausgestattet. Ziel ist es, den Gesamtenergieverbrauch des Gebäudes zu optimieren und CO2-Emissionen zu reduzieren. Bis Anfang 2028 entstehen am Salvador-Allende-Platz 9 bis 23 insgesamt 292 1- bis 6-Raum-Wohnungen im mietpreisgebundenen Segment. Zudem wird das Modellquartier in das virtuelle Kraftwerk eingebunden, das im Rahmen von JenErgieReal bis Ende 2027 entsteht. 

JenErgieReal ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördertes Reallabor der Energiewende. An dem Verbundprojekt sind die Stadtwerke Jena Netze, Stadtwerke Energie, jenawohnen, Westsächsische Hochschule Zwickau, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Stadt Jena, AWO Mitte-West-Thüringen und Brunata Metrona beteiligt. Gemeinsam entwickeln und erproben sie Lösungen, wie die Energiewende in Städten bedarfsgerecht und möglichst kostengünstig gelingen kann.

Kern des Projektes ist der Aufbau eines virtuellen Kraftwerks, das Erzeuger, Verbraucher und Speicher von Strom und Wärme vernetzt und steuerbar macht. So sollen Energieangebote und -bedarfe intelligent aufeinander abgestimmt und Netzüberlastungen vermieden werden. Die konkrete Umsetzung dieses Projektteils, der das gesamte Stadtgebiet in den Blick nimmt, beginnt im kommenden Jahr.

Der Forschungsschwerpunkt am Salvador-Allende-Platz liegt hingegen auf der Optimierung des Energieverbrauchs in Gebäuden und Wohnungen. So profitieren die Mieterinnen und Mieter im Modellquartier von einer ganzen Reihe intelligenter Komponenten, die im Gebäude und in ihren Wohnungen verbaut sind. Die modernen Anlagen steuern die Bereitstellung von Heizwärme und Warmwasser bedarfsgerecht und arbeiten besonders effizient. „Unser Ziel als Vermieter ist es, den Gesamtenergieverbrauch des Gebäudes zu optimieren und so CO2-Emissionen einzusparen“, erläuterte Philipp Roth, Leiter Flächen- und Energiemanagement bei jenawohnen. „Und natürlich möchten wir, dass dadurch die Betriebskosten für unsere Mieterinnen und Mieter ebenfalls sinken. Zusichern können wir das aber nicht, weil wir auf die Energiepreise keinen Einfluss haben. Aber die optimierte Verbrauchssteuerung schafft zumindest die Voraussetzung dafür, dass mögliche Kostensteigerungen aufgefangen oder abgemildert werden können.“

Zudem können die Bewohner über zur Wohnung gehörende Balkon-PV-Anlagen Solarstrom für ihren Eigenbedarf erzeugen. Dies kann je nach individuellem Verbrauchsverhalten zu einer Senkung des Strombezugs aus dem Netz und damit zu einem geringeren Rechnungsbetrag führen. „So können auch Mieterinnen und Mieter an der Energiewende teilhaben und direkt profitieren“, ergänzt Philipp Roth.

Im Rahmen von JenErgieReal hat jenawohnen die innovativen Versorgungslösungen gemeinsam mit den Stadtwerken Energie Jena-Pößneck und dem Messdienstleister Brunata Metrona (weiter)entwickelt. Das Projekt möchte Blaupause sein für andere Kommunen und weitere Wohnungsunternehmen und zur kritischen Auseinandersetzung mit Themen der Energiewende einladen. Deshalb werden die Projektinhalte ab Januar in einer Ausstellung im früheren StadtLab am Nonnenplan öffentlich präsentiert.

 

Folgende intelligenten Komponenten sind im Modellquartier verbaut:

  1. Gebäudeversorgung:

Eine sogenannte intelligente Hausanschlussstation (iHAST) passt den Fernwärmebezug aus dem öffentlichen Netz dynamisch an den tatsächlich gemessenen Bedarf an. Insbesondere sorgen sensorgesteuerte Ventile dafür, dass das Heizwasser so lange im Heizkreislauf zirkuliert, bis die darin enthaltene Energie nicht mehr ausreicht, um den Wärmebedarf zu decken. Erst dann wird wieder auf das Fernwärmenetz zurückgegriffen.  

Eine strombetriebene Wärmepumpe dient zur Kühlung des Trink-Kaltwassers für die Mieter. Insbesondere in heißen Sommern und bei geringer Entnahme aus dem Netz fällt es zunehmend schwer, dieses auf die hygienisch notwendige Temperatur von unter 20 Grad Celsius zu bringen. Die dabei entzogene Wärme wird bedarfsgerecht zur Warmwasserbereitung oder als Heizenergie genutzt – die Steuerung erfolgt über die iHAST.

Eine weitere strombetriebene Wärmepumpe dient zur Abwärmenutzung aus dem Abwasser. Das aus Wasch- und Spülmaschinen, Duschen und Badewannen stammende Schmutzwasser hat meist noch eine Restwärme von um die 20 Grad Celsius. Die entzogene Wärme wird bedarfsgerecht zur Warmwasserbereitung oder als Heizenergie genutzt – die Steuerung erfolgt über die iHAST.

  1. Wohnungsausstattung:

Alle Wohnungen verfügen über eine digitale Heizungssteuerung, die die Mieterinnen und Mieter dabei unterstützt, den Wärmeverbrauch zu senken – und das ohne Komfortverlust. Intelligente Heizkostenverteiler messen den tatsächlichen Wärmebedarf und steuern mit Hilfe digitaler Stellantriebe an den Heizkörpern den Wärmebezug der Wohnung. In einem Teil der Wohnungen wurden zudem smarte Fenstergriffe verbaut, die das Lüftungsverhalten der Mieterinnen und Mieter in die Heizungssteuerung einbeziehen. Die zusammengefassten Wärmebedarfsdaten aus den Wohnungen fließen in die Steuerung der iHAST für das Gebäude ein.

Die Balkone der Wohnungen sind mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Die Module sind den jeweiligen Wohnungen zugeordnet und ermöglichen die Direktnutzung des erzeugten Solarstroms durch die Mieterinnen und Mieter.

Hintergrund:

JenErgieReal war 2019 eines von 20 Gewinnerprojekten im Ideenwettbewerb Reallabore der Energiewende des damaligen Bundeswirtschaftsministeriums. Im November 2022 konnte die Projektarbeit offiziell starten. Nach erfolgreicher Konzeptions- und Machbarkeitsphase startet das auf fünf Jahre angelegte Projekt nun in die konkrete Umsetzung vor Ort. Bis 2027 beläuft sich das Projektvolumen für Forschung und Investitionen auf mehr als 41 Mio. Euro. 20,4 Mio. Euro davon stammen aus Fördermitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Vor Ort in Jena sind Investitionen von über 17 Mio. Euro geplant, u.a. für den Bau von Großspeichern für Strom und Wärme sowie für Erzeugungsanlagen für grüne Energie.

Als Reallabor der Energiewende sucht JenErgieReal nach konkreten Lösungen für eine erfolgreiche Energiewende in Städten. Ziel ist es, den durch die gleichzeitige Energie-, Wärme- und Verkehrswende steigenden Strombedarf intelligent zu decken. Kern des Projektes ist der Aufbau eines virtuellen Kraftwerks. Dieses soll vor Ort in Jena Erzeuger, Verbraucher und Speicher von Strom und Wärme aus den Sektoren Wohnen, Gewerbe und Verkehr verknüpfen und in Echtzeit steuerbar machen – abhängig von der jeweiligen Stromverfügbarkeit im Netz.

JenErgieReal ist ein breit angelegtes Verbundprojekt. Es vereint Energieversorger und Netzbetreiber, Kommune, Industrie, Wohnungswirtschaft, Wissenschaft und einen Sozialverband. Konkret sind die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck, die Stadtwerke Jena Netze und Thüringens größter Vermieter jenawohnen dabei, außerdem die Stadt Jena, die Westsächsische Hochschule Zwickau, die Ernst-Abbe-Hochschule Jena, der AWO Regionalverband Mitte-West-Thüringen und der Messgerätehersteller Brunata-Metrona.

Neben der Umsetzung des virtuellen Kraftwerks sowie der Errichtung von thermischen und elektrischen Großspeichern gibt es weitere Projektschwerpunkte. Dies sind v.a. die sozialwissenschaftliche Forschung zur Akzeptanz von Energiewende und Digitalisierung, die Ableitung von städteplanerischen Erkenntnissen und das regulatorische Lernen, um Verbesserungspotenziale im aktuellen Energierecht zu identifizieren. Ab Anfang 2026 stellt eine Ausstellung im früheren StadtLab am Nonnenplan sowie im Stadtraum von Jena die Ergebnisse der Projektarbeit einer breiteren Öffentlichkeit vor und lädt Interessengruppen und Bürgerinnen und Bürger zur Beteiligung ein.

Weitere Infos zum Projekt

Das Reallabor der Energiewende JenErgieReal ist ein interdisziplinär arbeitendes Verbundprojekt, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Im Modellquartier in Lobeda-Ost besichtigten die Projektpartner die Baufortschritte.

Das Reallabor der Energiewende JenErgieReal ist ein interdisziplinär arbeitendes Verbundprojekt, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Im Modellquartier in Lobeda-Ost besichtigten die Projektpartner die Baufortschritte.